Solveïg: Ich bin müde.
Lena C., Barbara und Solveïg haben Reden für die Kundgebung von @recherchegruppetira zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von behinderten Menschen gehalten.
Wir haben alle 3 Reden in Einfache Sprache übersetzt und wollen die mit Euch teilen.
Lena C.s Rede: https://disability-pride-bonn.de/wofuer-ich-kaempfe
Barbaras Rede: https://disability-pride-bonn.de/15-jahre-werkstatt
Solveïg hat auch eine Rede für die Demonstration geschrieben.
Wir teilen Solveïgs Rede in Einfacher Sprache.
Danke für die Organisation.
Danke an alle, die am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von behinderten Menschen, laut und leise was gegen Ableismus gemacht haben.
Rede auf Sharepics:








Rede als Text:
Ich möchte etwas über das Leben von vielen behinderten Menschen sagen.
Und zwar über behinderte Menschen, die studieren.
Diese Menschen haben oft Probleme.
Ich kenne viele behinderte Menschen mit diesen Problemen.
Aber ich weiß auch: Andere behinderte Menschen haben andere Probleme.
Ich arbeite an der Universität.
Ich rede mit behinderten Student*innen, die Hilfe brauchen.
Ich versuche ihnen zu helfen.
Nach den Gesprächen bin ich oft wütend.
Oder sehr traurig.
Am Anfang erzählen mir die Student*innen viel.
Sie reden über ihr Studium.
Und darüber, was sie jeden Tag machen.
Und über ihre Behinderung.
Und über ihre Probleme.
Und über die Hilfe, die sie schon bekommen.
Oder darüber, was sie gemacht haben, um Hilfe zu bekommen.
Das ist oft sehr schwierig.
Oft bekommen die Menschen auch keine Hilfe.
Andere sagen ihnen oft:
Du bist faul.
Oder: Du willst zu viel haben.
Sie müssen immer viel erklären.
Das ist sehr anstrengend für sie.
Das kenne ich alles auch von mir.
Viele behinderte Student*innen sind sehr erschöpft.
Ich fühle, wie erschöpft sie sind.
Dann fühle ich mich selbst noch erschöpfter.
Warum sind wir so erschöpft und müde?
Es gibt viele Barrieren.
Deshalb können wir vieles nicht machen.
Oder es ist deutlich schwerer, etwas zu machen.
Die Dinge verbessern sich nur langsam.
Das ist auch hart.
Wir müssen oft die gleiche sagen.
Weil andere uns immer das gleiche fragen.
Und uns nicht glauben, was wir sagen.
Auch deshalb sind wie so erschöpft.
Manchmal wollen wir nicht mehr leben.
Wir machen zu viel.
Damit geht es unserem Körper nicht gut.
Wir wissen, dass es zu viel ist.
Die Gesellschaft sagt:
Eure Körper sind kaputt.
Und hässlich.
Ihr seid faul.
Wir brauchen Euch nicht.
Es ist schwer für uns, nett zu uns selbst zu sein.
Es ist schwer für uns, unsere Körper zu lieben.
Das liegt auch an der Gesellschaft.
Wir brauchen Geld zum Einkaufen.
Wir wollen Essen kaufen, das gut für unseren Körper ist.
Wir brauchen Zeit und Kraft zum Kochen.
Wir haben oft dieses Geld, diese Zeit und Kraft nicht.
Bewegung und Sport sind manchmal gut für unseren Körper.
Wir sind aber oft zu müde dafür.
Es gibt Sport•Kurse.
Die kosten aber oft viel Geld.
Oder sind nicht barriere•frei.
Oder zu weit weg.
Oder wir haben kein Geld dafür.
Es gibt auch Bewegung und Sport, für die wir nichts zahlen müssen.
Zum Beispiel spazieren gehen.
Dafür haben wir oft keine Zeit.
Weil wir Geld brauchen und arbeiten gehen müssen.
Oder weil wir uns ausruhen müssen.
Wir können nur schwer lang genug schlafen. Oder gut schlafen.
Weil wir viele andere Dinge machen müssen.
Behinderte Menschen müssen oft länger schlafen, damit es ihnen gut geht.
Andere Menschen sagen:
Ihr schlaft zu lang.
Ihr schlaft am Tag.
Das ist schlecht.
Das stimmt nicht.
Aber manchmal glauben wir es selbst.
Wir schaffen vieles nicht.
Das macht uns fertig.
Wir merken: Unsere Körper sind sehr müde.
Aber wir müssen trotzdem weitermachen.
Ich möchte gerne am Ende sagen:
Das brauchen wir.
Aber was brauche ich denn?
Ich möchte gerne weniger wütend sein müssen.
Und weniger traurig.
Und weniger erschöpft.